Leonie Zimmermann
Zu Besuch im Green Tiny House im Wangerland
Schlafen am lodernden Kamin, über dir der Sternenhimmel und im Hintergrund das Rauschen des Meeres – klingt traumhaft, oder? Dabei ist das eine ganz normale Nacht im Green Tiny House im Wangerland.
Auf den ersten Blick wirkt die ungewöhnliche Unterkunft direkt am Meer in Wangerland an der Nordsee eher wie eine gewöhnliche Gartenhütte oder ein verirrter Bauwagen. Dabei steckt das kleine Ferienhaus voller Überraschungen: Es ist nicht nur komplett nachhaltig gebaut, sondern auch total innovativ eingerichtet.
„Nachhaltigkeit bedeutet eben nicht unbedingt auch gleich Verzicht“, sagt Projektleiter Kjell Wollmann über den Grundgedanken der Green Tiny Houses. Das wollte das Team mit den 22 m2 großen Nachhaltigkeits-Wundern auch den Urlaubsgästen deutlich machen.
Skandinavisches Design und klare Strukturen
Also entwickelt das Team um Gründer Jan Sadowsky ein komplett klimaneutrales und wohngesundes Tiny House. Sadowsky seinerseits hat sich irgendwann dazu entschlossen, das Thema Nachhaltigkeit aktiv anzugehen. Und weil er findet, die schönsten Erlebnisse im Urlaub hat man in der Natur, will er genau das den Menschen wieder näherbringen: Nachhaltige Naturerlebnisse zum Genießen – und zwar ohne Zeigefinger und Verzicht.
Und wer sich einmal in den kleinen Häuschen umschaut, der merkt schnell, dass Verzicht hier wirklich keine Rolle spielt. Schon alleine durch das minimalistische skandinavische Design der Tiny Houses wirken die 22 m2 wie eine eigene kleine Naturwelt: Helles Holz, klare Struktur und nur das Nötigste für eine Auszeit vom hektischen Alltag – und das mit Stil. Das automatische große Dachfenster und der Kamin runden das Ganze schließlich noch ab – und lassen die Herzen von Naturfans höherschlagen.
Astronauten-Dusche und Superwood-Holz
„Die Bauweise der Green Tiny Houses ist darauf ausgerichtet, dass jeder Zentimeter nachhaltig und die Natur innen und außen spürbar ist“, sagt Projektleiter Wollmann. Und wie ernst das gemeint ist, zeigt sich alleine in der Wahl der Baumaterialien der Tiny Houses: Die Fassade besteht aus „Superwood“-Holz. Dieses besondere Holz wird mit CO2 bearbeitet und benötigt dadurch keine Versiegelung oder Lackierung mehr, um wetterbeständig und geschützt zu sein.
Damit es in den kleinen Häuschen nicht kalt wird, werden sie mit naturbelassenen Dämmstoffen ausgeschmückt. Mittlerweile werden dafür entweder Seegras aus der Ostsee oder Schafwolle genutzt. Das bringt vor allem Vorteile für die Wohngesundheit der Gäste, da hierbei vollständig auf Giftstoffe in der Dämmung verzichtet wird.
Last but not least verfügen die Green Tiny Houses laut eigener Aussage über die „nachhaltigste Dusche der Welt“. Wollmann erklärt, was dahintersteckt: „Die Astronauten-Dusche, die wir in unsere Tiny Houses verbauen, basiert auf einer Weltraumtechnologie, welche von einer skandinavischen Firma für den Einsatz auf der Erde weiterentwickelt wurde.“
Und so funktioniert´s: Das Wasser, das beim Duschen verwendet wird, landet in einer Art Auffangbecken. Dort wird die Wasserqualität geprüft, das Wasser schließlich aufbereitet und wieder zurück in den Wasserkreislauf des Green Tiny Houses gegeben. Aus dem alten Duschwasser wird also wieder frisches Wasser für die nächste Duscheinheit. Wollmann sagt nicht ohne Stolz dazu: „Insgesamt können wir so 90 Prozent des Wassers recyceln und 80 Prozent der verbrauchten Energie.“
Vier Green Tiny Houses in ganz Deutschland
Nachhaltigkeit gilt für die Menschen hinter den Green Tiny Houses als Gesamtkonzept: „Uns ist auch die Umgebung unserer Tiny Houses wichtig. Zum Beispiel ermöglichen wir gemeinsam mit den Zielorten eine klimaneutrale Anreise und fördern mit je fünf Prozent der Mieteinnahmen nachhaltige Projekte in der Umgebung.“
Neben dem idyllischen Green Tiny House im Wangerland an der Nordsee stehen auch am Salemer See in Schleswig-Holstein, am Hotel Waldhof in Mölln (Schleswig-Holstein) und auf dem Gut Basthorst in Schleswig-Holstein die kleinen Klima-Häuschen.
Aber wie nehmen die Bewohner der Ferienhäuser diese doch recht ungewöhnliche Unterkunft an? „Unsere Gäste erleben in den Tiny Houses einen nachhaltigen Urlaub von A bis Z und wissen genau das auch zu schätzen“, sagt Wollmann, „und die Leute haben da auch Bock drauf, es gibt sogar schon Anfragen von Privatpersonen für Green Tiny Houses.“
Bauvorschriften und finanzielle Hürden
Wer jetzt aber schon vom eigenen klimaneutralen Tiny House im Garten träumt, der sollte vorher unbedingt die Bauvorschriften prüfen. Um zum Beispiel dauerhaft in einem Tiny House zu leben, muss man das auf einem richtigen Baugrundstück tun. Und der Traum vom Green Tiny House hat auch seinen Preis. Laut Wollmann sollte man für das nachhaltige kleine Häuschen mit rund 60.000 Euro rechnen – inklusive Grundausstattung. „Je nachdem, welche Wünsche dann noch da sind, variieren die Kosten aber natürlich“, sagt der Projektleiter.
Der Fokus der Green Tiny Houses liegt aber eindeutig auf der Tourismusbranche. Und damit der Urlaub so klimaneutral wie möglich verläuft, hört die Nachhaltigkeit nicht etwa bei der Inneneinrichtung der Tiny Houses auf. „Die Nachhaltigkeit kann man sich sogar mit nach Hause nehmen. Selbst Handtücher und Bettwäsche sind nämlich klimafreundlich“, sagt Wollmann. Die Handtücher etwa bestehen aus Bio-Baumwolle und zu 30 Prozent aus Holzfasern. Dadurch sind sie antiseptisch und müssen nicht so oft gewaschen werden wie herkömmliche Handtücher.
Green Tiny Houses für jedermann
Apropos Bettwäsche: Wer in seinen eigenen vier Wänden mit kleinen Dingen mehr Wohngesundheit erreichen möchte, der kann einfach mal darauf achten, ob die Bettwäsche bügelfrei ist. Dann ist laut Wollmann ein chemischer Zusatz enthalten, der ähnliche Dämpfe freigibt, wie beim Passivrauchen. „Ökologische Bettwäsche ist also ein kleiner, aber wichtiger Schritt zu mehr Wohngesundheit“, sagt der Experte.
Nachhaltiges und klimaneutrales Wohnen ist also durchaus möglich – und zwar ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Aber wohin soll es gehen mit den Green Tiny Houses? Wollmann und seine Kollegen planen in naher Zukunft mehrere Tiny House Parks zu eröffnen, um Interessenten zu den Häuschen auch gleich das passende Grundstück am Meer, den Bergen oder Wäldern anbieten zu können und Urlauber so der Natur wieder näher zu bringen. Und Wollmann ist sich sicher: „Die Green Tiny Houses passen gut in die heutige Zeit, in der Lösungen und neue Ansätze für eine nachhaltige und klimafreundliche Zukunft gebraucht werden.“