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Bier brauen mit KI – Ein Besuch in der Gutshofbrauerei „Das Freie“

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Die Gutshofbrauerei „Das Freie“ revolutioniert das Bierbrauen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. Was in vielen Brauereien noch händisch gemacht wird, ist hier längst automatisiert. Darunter fällt etwa die Temperaturkontrolle, ph-Wert-Messung und das Bestimmen des Reifegrades. Die eigens für die Brauerei konzipierte KI überwacht ununterbrochen den Gärungsprozess des Bieres und passt Parameter sofort an, wenn etwas schwankt. Die KI beschleunigt damit Prozesse, ohne die traditionelle Handwerkskunst des Bierbrauens zu ersetzen. So werden die Feinheiten des Brauvorgangs und die Auswahl der Würznoten immer noch vom Braumeister persönlich übernommen.

Selber Bierbrauen in der Waschküche

Alles beginnt in Michigan. Als Christoph Digwa mit 16 Jahren in seinem Auslandsjahr von Mitschüler:innen in die Kunst des Craftbeer Brauens eingeführt wird. Er nimmt seine Erfahrungen mit nach Deutschland und infiziert seinen Bruder Stephan mit der Leidenschaft für das Brauen. Gemeinsam dürfen sie ihr Hobby zunächst in der Waschküche ihrer Oma ausüben, denn zum Brauen brauchen die Brüder vor allem eines: viel Wasser.

Bierbrauen zuhause- So funktioniert’s

Beim klassischen Bierbrauen wird zuerst geschrotetes Malz mit heißem Wasser vermischt, um die Stärke in Zucker umzuwandeln. Nach dem Maischen wird die Mischung gefiltert und die gewonnene Würze gekocht. Hier kommt der Hopfen hinzu. Er verleiht dem Bier seinen bitteren Geschmack. Anschließend wird die Hefe hinzugefügt, die den Zucker in Alkohol verwandelt. Nach der Gärung wird das Bier abgefüllt und reift. Der gesamte Prozess erfordert viel Geduld und Präzision, um ein leckeres Bier entstehen zu lassen.

Fehler und wie man daraus lernt

2015 gründen die beiden die Gutshof Brauerei „Das Freie“ und werden Vollzeit Bierbrauer. Jetzt steigt auch der Dritte Bruder Matthias mit in das Geschäft ein. Gebraut wird nun nicht mehr in Omas Waschküche, sondern in Rethmar, wo sie mittlerweile ihre eigene Brauerei auf dem Gutshof neben der Gastronomie der Eltern installiert haben.

Sie entwickeln ihre Fähigkeiten, ihr eigenes Bier zu brauen, kontinuierlich weiter. Natürlich nicht, ohne Fehler zu machen. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte Selleriebier, was nie nach Sellerie schmecken sollte. Kurz bevor die Männer 1.000 Liter Bier in den Ausguss kippen, rät Ihnen der Braumeister zu einer anderen Hefe, um das Fehlaroma zu verändern. Blumiger Hopfen rettet das Bier und es wird zum Kassenschlager. Leider ist es nicht reproduzierbar. So lernen sie aus ihren Fehlern. Ihre Devise: „Wir brauen Biere, die uns gut schmecken – wenn es anderen auch schmeckt, umso besser“, so Matthias Digwa, der jüngste Bruder und heutiger Geschäftsführer der Brauerei.

Stephan Digwa ist gelernter Bauingenieur. So haben die Brüder in ihrer Brauerei „alles von der Trägerkonstruktion, über die Sanitärinstallation bis zur Einrichtung der Tanks“ in Eigenregie konzipiert. „Nur so kriegen wir ein ganzheitliches Verständnis von allen Anlagen und Finessen der Brauerei“ sagt Stephan. In die elterliche Gastronomie werden deshalb mehrere Kupfertanks mit einem Fassungsvermögen von 500 Litern Bier eingebaut. „Da erspart man sich das ständige Wechseln der Bierfässer“, so Christoph.

Pilotprojekt: Bierbrauen an der Leibniz Uni Hannover

In puncto Präzision holen sich die Brüder Hilfe: Sie kooperieren mit der Leibniz Universität Hannover und bieten an, ein campuseigenes Bier zu brauen. Dafür gründen sie eine Arbeitsgemeinschaft. Sie legt den Grundstein für die weiteren innovativen Ideen der Brauerei. Kluge und an Bier interessierte Köpfe der Uni kommen zusammen und feilen gemeinsam am bekannten „Campus-Bier“, dessen Hopfen auf dem Gelände der Uni angebaut wird.

Mit Hilfe der Studierenden entwickeln die Digwa-Brüder nicht nur das Bier für die Campus-Brauerei, sondern tauchen auch in die Welt der künstlichen Intelligenz ein. Mit einem 3-D-Drucker lösen die Studierenden unterschiedliche Probleme der Brauerei. So entstehen in kürzester Zeit ergonomische Werkzeuge und andere Tools, die den Brauereialltag erleichtern. Aus dem Drucker kommt beispielsweise ein Tropfschutz, der die Hygienebedingungen verbessert und ein optimierter Bierglashalter.

Mit KI zum Biererfolg

Die Projekte mit den Studierenden führen auch zu der revolutionären Idee, künstliche Intelligenz einzusetzen. Sie entwickeln gemeinsam eine KI-gesteuerte Gärung. Die KI lernt dafür, wie die Gärung von Bier ablaufen soll und optimiert den Prozess. Die ‚digitale Nase‘ riecht permanent am Tank und lernt damit den perfekten Zeitpunkt für den nächsten Schritt in der Brauphase abzupassen. Prototypen der KI werden immer zuerst in der Brauerei Rethmar getestet. Aktuell plant das Braulabor außerdem, wie das Campus-Bier mit Drohnen ausgeliefert werden kann.

Traditionelles Handwerk und innovative Technik

Christoph Digwa ist mittlerweile IHK-Bierbotschafter, also ein offiziell anerkannter Biersommelier. Die innovativen Ideen der Brüder werden von der traditionellen Brauereiszene in Deutschland gut aufgenommen. Durch die Unterstützung anderer Bierexpertinnen und -experten entstehen immer wieder spannende neue Biersorten mit neuen Aromen. Das liegt vor allem an den Hefestämmen, die die Kenner untereinander austauschen.

Der „Broyhan“

Jedes Jahr wächst die Brauerei – sowohl räumlich als auch in Bezug auf die Sortenvielfalt. Pro Jahr gibt es 15 verschiedene Sorten. Das passiert direkt auf dem elterlichen Gutshof in Rethmar. Das traditionelle „Broyhan“- Bier ist das Herzensprojekt von Gründer Christoph Digwa.

Das Broyhan wird mit Veilchenwurzel gebraut und in alten Weinbrandfässern gelagert. Die Veilchenwurzel bringt blumige, leicht süßliche und erdige Aromen in das Bier, was ihm seinen typischen Geschmack verleiht. Manche nennen es den „Champagner des Bieres“. 2024 wurde das Broyhan mit dem „Kulinarischen Botschafter für Niedersachsen“ ausgezeichnet. Es ist das Aushängeschild der Brauerei und hat mittlerweile weltweite Berühmtheit erlangt. Der Grund dafür liegt in der Tradition, so Digwa:

„Im Mittelalter gab es eine Vielzahl von Bierstilen in Deutschland, die meisten sind mit der industriellen Revolution verloren gegangen. Über die letzten Jahrzehnte kamen die meisten wieder auf den Markt. Das letzte Puzzleteil fehlte: der Broyhan. Das ist ein eigener Bierstil, der aus Hannover kommt. Um ihn wieder zum Leben zu erwecken, haben wir lange geforscht. Heute kommen Menschen aus Asien her, die Bier bei uns einkaufen, weil sie davon gehört haben.“

Saisonale Geschmackssorten

Bier ist aber nicht nur Pils oder Lager, sondern kann den Jahreszeiten angepasst werden. Deshalb verkauft die Gutshofbrauerei „Das Freie“ im Winter ein Bier mit dem Geschmack von Orangen und Honig. Im Frühjahr gibt es das Rotbock: Es wird Ende Dezember gebraut und länger gelagert. Mit über 6,5 % ist es hochprozentiger als normale Biere. Der Geschmack ist malzig-würzig und es hat eine rote Farbe.

Auch wenn es der Name suggeriert: Alkoholfreies Bier gibt es in der Gutshofbrauerei „Das Freie“ nicht. Der Name stammt aus dem Mittelalter. Damals hatte die Region um den heutigen Gutshof eigene Gesetze und Gerichtsbarkeiten. Sie mussten keine Abgaben an die Könige zahlen und waren somit von der Biersteuer befreit.

100 Prozent lokal produziert

Einkaufen, brauen, gären: Hier wird nichts aus der Hand gegeben. „Das Freie“ setzt auf vollständige Regionalität und Nachhaltigkeit. Alle Zutaten für das Bier kommen aus der Region. Der Treber, also die Rückstände vom Braumalz, wird an die eigenen Rinder verfüttert. Durch ihre nachhaltigen Praktiken und innovativen Ideen setzt die Gutshofbrauerei „Das Freie“ ein Zeichen in der Bierbrau-Szene – und verbindet Innovation gekonnt mit Tradition.

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