Leonie Zimmermann
Der Weg zu einem gesunden Lebensraum
Das Thema „Nachhaltigkeit“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Wohntrends in diesem Jahr. Dabei geht es vor allem um Möbel und Dekoration aus nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel aus Holz, Kork und Sisal. Wer aber wirklich ökologisch wohnen möchte, sollte auch an die richtigen Bodenbeläge und eine umweltfreundliche Wandgestaltung denken. Denn die konventionellen Böden sind oftmals nicht wirklich für einen gesunden Lebensraum in den eigenen vier Wänden geeignet.
Ökologisches Wohnen stellt dabei besonders Einsteiger vor viele Fragen und Unsicherheiten. Wo bekomme ich die besten natürlichen Produkte für meine Wohnung her? Wie pflege ich eigentlich meinen Holzfußboden, und ist ökologisches Wohnen eigentlich teuer? Mit Hilfe eines Experten haben wir Antworten auf diese und weitere Fragen gefunden. Öko-Fachhändler Thomas Wolters verkauft seit 30 Jahren ökologische Baumaterialien in seinem eigenen Fachhandel. Er hat uns verraten, warum sich ökologisches Wohnen für jeden Einzelnen lohnt.
Warum ökologisches Wohnen eine gute Alternative ist
Ökologisch bedeutet übrigens, dass die Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, unter humanen und hochwertigen Bedingungen verarbeitet und die Transportwege möglichst gering gehalten werden. In Bezug auf Wohnmaterialien ist dabei meistens die Rede von Rohstoffen wie Holz, Kork, Sisal, Seegras, Kokos, Wolle oder Ziegenhaar.
Bevor es ans Eingemachte geht, sollten wir aber erst einmal eine Grundsatzfrage klären: Warum eigentlich ökologische Wohnmaterialien? Für Wolters keine schwierig zu beantwortende Frage, er nennt gleich mehrere Gründe, die wir im Überblick einmal erläutern möchten.
#Umwelt schonen: Der gesamte Produktionsprozess von ökologischen Baumaterialien ist nachhaltig und umweltfreundlich. Wenn wir diese Produkte kaufen, helfen wir, die Umwelt zu schonen und das Klima zu schützen.
#Gesünder wohnen: In konventionellen Produkten sind oftmals Inhaltsstoffe zu finden, die erstens nicht auf dem Etikett stehen und zweitens gesundheitsgefährdend sein können. In unserem eigenen Zuhause atmen wir dann im Zweifel sogar Giftstoffe über Jahre ein. Ökologische Alternativen verzichten auf entsprechende Stoffe und sorgen so für einen wirklich gesunden Lebensraum.
#Längeres Vergnügen: Da ökologische Baumaterialien nicht in Massenproduktion hergestellt werden und strengen Qualitätskontrollen unterliegen, können wir uns darauf freuen, wirklich lange etwas von ihnen zu haben.
Wenn der Entschluss zu einem ökologischen Zuhause gefasst ist, steht der Besuch im Baumarkt an. Oder? Der Experte ist skeptisch: „Wer seine Wohnung ökologisch gestalten möchte, sollte die Materialien im ökologischen Fachhandel kaufen.“ Der Laie könne im Baumarkt oft nicht zwischen ökologischen und konventionellen Produkten unterscheiden.
Qualität oder Quantität? Die schwierige Preisfrage
Beim Öko-Fachhändler angekommen, werden die meisten umweltbewussten Umgestalter aber schnell merken, dass die Auswahl an ökologischen Alternativen groß ist. „Alles, was man in der Innenraumgestaltung konventionell machen kann, kann man auch mit ökologischen Materialien machen. Also Fußbelege, Wandgestaltung und natürlich auch die Einrichtung“, sagt Wolters, nennt aber eine Einschränkung: Technische Ausstattung. „Oder haben Sie schon mal einen ökologischen Heizkörper gesehen?“
Wer jetzt aber von einem komplett ökologischen Haus träumt, sollte ein pralles Sparkonto haben. „Man kann zwar mittlerweile Häuser komplett ökologisch bauen, das wird dann aber ziemlich teuer“, sagt der Experte. Der Preisunterschied zwischen einem konventionellen und einem ökologischen Haus liege bei etwa 30 Prozent, besonders der Außenbereich fällt dabei ins Gewicht.
Billige Einstiegsprodukte gibt es laut Wolters im Öko-Bereich eigentlich nicht. Der Wohn-Experte macht mit einem Vergleich deutlich, woran das liegt: „Das ist bei der Mode auch so: Wenn ich mir ein nachhaltiges Shirt kaufen möchte, zahle ich dafür auch mindestens 30 Euro. Dafür bekomme ich dann aber auch eine gute Qualität.
Wer trotz finanziellem Engpass Wert auf umweltbewusstes Wohnen legt, muss laut Wolters Kompromisse eingehen: „Dann kaufe ich zum Beispiel nicht das teure Parkett für 90 Euro pro Quadratmeter, sondern lege mir erstmal eine Kieferndiele rein. Die sieht zwar definitiv nach zehn Jahren nicht mehr schön aus, ist aber erstmal ökologisch.“ Der Experte erinnert in dem Zusammenhang an ein treffendes Zitat seiner Großmutter: „Wer billig kauft, kauft doppelt.“
Die richtige Pflege für den ökologischen Holzfußboden
Für alle Freunde der handwerklichen Arbeit gibt es eine gute Nachricht: Verarbeiten können wir die ökologischen Materialien selbst. Zumindest, wenn wir nicht mit zwei linken Händen „gesegnet“ sind. Dabei gibt es insbesondere bei der Pflege des natürlichen Holzbodens einiges zu beachten, damit der auch frisch bleibt. Wir haben ein paar Tipps.
- Tipp 1: Nicht (!) mit Lacken arbeiten. Denn wer seinen Holzfußboden lackiert, versiegelt das natürliche Material am Ende schlichtweg mit flüssigem Plastik.
- Tipp 2: Konventionellen Holzböden aus dem Baumarkt mit Naturölen eine umweltfreundliche Oberfläche verleihen.
- Tipp 3: Hartöl auf Leinöl-Basis für die Oberflächenbehandlung verwenden, denn das ist die natürlichste Variante.
Unser Holzfußboden glänzt wie neu, aber wie sieht es mit der alten Wandfarbe aus? Die kann einen ökologischen Neuanstrich vertragen – auch wenn sie aktuell mit konventionellen Farbstoffen bedeckt ist. „Wenn man auf eine „ungesunde“ Farbe eine gesunde streicht, ist es auf jeden Fall besser, als die nächste ungesunde drüber zu streichen“, sagt der Experte.
Ökologische Materialien als Chance für gesundes Wohnen
Grundsätzlich sei es aber nicht immer so einfach, konventionelle Materialien mit ökologischen zu verbinden. Das liege daran, dass es sich bei Baustoffen aus dem Baumarkt meistens um Kunstharz handle und im Ökohandel mit Naturharz gearbeitet werde. „Beide Stoffe können sich schlichtweg nicht miteinander verbinden“, sagt Wolters. Damit sich die neue Farbe am Ende also nicht direkt wieder ablöst, braucht es ein Zwischenprodukt für die Verbindung. Das gibt es aber auch dort, wo man ohnehin die ökologische Wandfarbe kauft.
Zugegeben, die Auseinandersetzung mit ökologischen Wohnmaterialien mag auf den ersten Blick aufwendig und teuer klingen. Und das weiß auch Experte Wolters. Er sieht in ökologischem Wohnen trotzdem die einzige Chance für einen wirklich gesunden Lebensraum in den eigenen vier Wänden. Im Interview verrät er außerdem noch einmal explizit seine wichtigsten Tipps für ökologisches Wohnen.
Herr Wolters, was versteht man genau unter nachhaltigem Wohnen?
Ich habe ein ganz massives Problem mit dem Wort „nachhaltig“. Weil das Wort super abgegriffen ist und nichts aussagt. Unsere Stoffe und Materialien sind vielmehr „ökologisch“. Das beinhaltet Nachhaltigkeit, aber es ist noch mehr.
Was genau bedeutet in dem Kontext denn ökologisch?
„Ökologisch“ bedeutet, dass die Materialien – soweit realisierbar – aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, sehr hohe Standards in der Produktion und den Arbeitsbedingungen herrschen und dass man die Sachen nicht teuer entsorgen muss, sondern im besten Falle recyceln kann.
Und von welchen konkreten Materialien sprechen wir da?
Für Fußböden wird sehr gerne Holz verarbeitet, ansonsten ist aber auch Kork, Sisal oder Seegras beliebt. Grundsätzlich kann aber alles verwendet werden, woraus sich eine Faser bilden lässt.
Warum sollte ich mich für die umweltbewusste Alternative entscheiden?
Dafür gibt es gleich zwei gute Gründe: Ökologisches Wohnen lohnt sich für jeden, der die Umwelt schonen möchte. Und die Alternativen sind auch für die persönliche Wohngesundheit deutlich besser.
Aber was ist denn eigentlich das Problem mit konventionellen Materialien aus dem Baumarkt?
Das Problem im Baumarkt: Die Händler müssen nicht auf das Etikett schreiben, was genau alles in Lacken, Farben und Co. drin ist. Steht zum Beispiel „lösemittelfrei“ darauf, ist es definitiv gelogen. Denn alles, was flüssig ist, enthält auch ein Lösemittel. In dem Fall sind dann Lösemittel enthalten, die nicht genannt werden müssen.
Gibt es denn auch absolute No-Gos`s für ökologisches Wohnen?
Es gibt ein paar Produkte, die es nicht in ökologischer Form gibt, darunter auch bestimmte Klebstoffe. Weil ich gelegentlich auch mal Parkett verkleben muss, habe ich jahrelang nach einem Kleber gesucht, der halbwegs ökologisch ist. Das habe ich aber irgendwann aufgegeben. Am schlimmsten ist aber Laminat. Das ist ein Verbrechen an der Menschheit. Das Zeug ist giftig, Punkt. Und dabei ist es ganz egal, wie teuer das Produkt ist: Es gibt kein gutes Laminat. Das Gleiche gilt übrigens auch für PVC oder Vinyl- und Designboden. Und das ist noch immer der meistverkaufte Boden der Welt.
Und was mache ich, wenn ich nicht viel Geld habe und trotzdem umweltbewusst Wohnen möchte?
Es gibt für fast alles eine zumindest kostengünstigere Alternative zum Einstieg. Dann kaufe ich zum Beispiel nicht das teure Parkett für 90 Euro pro Quadratmeter, sondern lege mir erstmal eine Kieferndiele rein.