zukunftswaende
Nachhaltig und bewusst leben
Zugegeben, auch wir haben ganz selbstverständlich Kleidung „made in Bangladesch“ getragen, im tiefsten Winter frische Ananas aufgeschnitten, Pina Colada gemixt und die Lieblingsbücher im BILLY-Regal verstaut. Galten die schnelle Mode, das weitgereiste Essen und die billy-gen Möbelstücke lange Zeit als echtes Privileg, kehren wir der Fast-Industrie heute zunehmend den Rücken.
Die gesellschaftliche Forderung nach verfolgbaren Produktions- und Lieferketten ist so laut geworden, dass den Besitzer:innen von Massenzuchtbetrieben und Billigdiscountern die Ohren klingeln. Gut so! Entstanden ist daraus nämlich eine Welle von Nachhaltigkeitsbewegungen wie Slow-Fashion, Slow-Food und Slow-Furniture. Letzteres steht in enger Verbindung zum FurNEARture Einrichtungsstil, ein Trend, der aus dem aktuellen Home Report des Zukunftsinstituts hervorgeht und über den wir jetzt auch auf zukunftswaende berichten.
Was ist FurNEARture?
Man kann sagen, FurNEARture ist das i-Tüpfelchen der Slow-Furniture Bewegung. Es kommt hier nicht mehr nur darauf an, ob das verwendete Material nachhaltig und die Produktionsbedingungen fair sind, sondern auch auf das Woher!
Das FurNEARture Wohnen drückt den Wunsch nach lokaler Herstellung unter Verwendung regionaler Materialien aus. Dem entgegen stehen Möbel, deren Ursprung unklar ist und die einen weiten Weg bis zu uns nach Hause zurückgelegt haben (FARniture). Genauer gesagt: Es soll mit dem gearbeitet werden, was regional zur Verfügung steht. Ziel der Interieur-Branche müsste es demnach sein, sich neu zu positionieren und die Betonung verstärkt auf nahe Produktion, regionale Materialien und ansässige Handwerker:innen zu legen.
FurNEARture und Zero Kilometer Materials
Viele Verbraucher:innen überdenken nicht nur die Herkunft ihrer Nahrung und Kleidung, sondern hinterfragen auch die Entstehung ihrer Möbel kritisch. In diesem Zusammenhang ist auch der Trendbegriff „Zero Kilometer Materials“ entstanden. Materialien wie Holz, aber auch Metall und Textilien, die diesem Begriff entsprechen, werden aus lokalen Ressourcen gewonnen, benötigen keine ausgelagerte Produktionsstätte und können bedenkenlos recycelt werden. Wer auf trendige Möbelstücke aus Teak, Bambus oder Schilfrohr (sog. Tropenhölzer) steht, kann sich jetzt eines Besseren belehren lassen. Denn auch bei uns in Deutschland gibt es genügend Produktionsmaterialien, die sich hervorragend zu einzigartigen, stilvollen und langlebigen Möbelstücken verarbeiten lassen.
Best practice: FurNEARture made in Germany
Dass FurNEARture keine Zukunftsmusik ist, sondern sich schon heute problemlos praktizieren lässt, zeigt u.a. die Möbelmanufaktur Herr Lars aus Steinfurt in Nordrhein-Westfalen. Die Tischlerei arbeitet mit deutschem Eichenholz aus ökologischer Forstwirtschaft sowie Stahlteilen, die von umliegenden Betrieben bezogen werden. Interessierte können zudem jederzeit einen Blick hinter die Kulissen werfen und den Entstehungsprozess vor Ort transparent nachvollziehen. Auch die Möbelstücke von Die Möbelschmiede in Baden-Württemberg werden aus lokalem und nachhaltigem Bio-Erlenholz gefertigt und in der hauseigenen Möbelmanufaktur zu echten Unikaten verarbeitet.
Win-win-Situation für Produzent:innen und Umwelt dank FurNEARture
Dass der maßlose Import von Waren seine Schattenseiten hat, ist vielen schon lange klar. Verunglückt ein Frachtschiff, das Handelsgüter quer über die Weltmeere transportiert, bedeutet das für die Umwelt oftmals eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes. So rief im Sommer 2020 der Inselstaat Mauritius den Notstand aus, als ein auf Riff gelaufener, auseinandergebrochener Frachter tausend Tonnen Öl im Indischen Ozean verlor. Zu Katastrophen dieser Art gesellt sich zudem der enorme CO2-Austoß, der durch lange Produktions- und Lieferketten befeuert wird. Eine Liste, die gegen den schnellen Konsum und für FurNEARture spricht, ließe sich endlos fortsetzen. Globale Lieferengpässe, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, haben der Fast-Industrie zusätzlich einen Riegel vorgeschoben.
FurNEARture hingegen bezeichnet Möbel, die so lokal wie möglich hergestellt wurden und deren Materialien ebenfalls regional bezogen werden. Das reduziert nicht nur den CO2-Fußabdruck jedes einzelnen Stücks auf ein Minimum, sondern unterstützt zusätzlich lokale Produzent:innen, Designer:innen und Werkstätten. Weltweit gibt es sogar einige FurNEARture-konforme Unternehmen, die Möbel gar nicht erst vorproduzieren, sondern nur auf konkrete Bestellung tätig werden.
Wie teuer ist der Nachhaltigkeitstrend?
Abgesehen von dem höheren Preis, sprechen sehr viele Argumente für den aktuellen Trend FurNEARture. Dabei versteht es sich von selbst, dass Möbel, die individuell designt und von ansässigen Handwerker:innen in der eigenen Werkstatt produziert werden, teurer sind als solche, die aus Pressholz und unter dem Zusatz von Kunstharz und anderen chemischen Substanzen entstehen. Wenn allerdings die Kosten für die Umwelt und unsere Gesundheit sowie die Langlebigkeit der Produkte miteinbezogen werden, relativiert sich der Preisunterschied ziemlich schnell.
Bei FurNEARture hinterfragt der Mensch sein Konsumverhalten und handelt verantwortlich mit Blick auf die Zukunft. Es ist nicht selbstverständlich, dass uns bestimmte Ressourcen immer und zu jeder Zeit zur Verfügung stehen. Daher gilt es, die erforderliche Wartezeit zu akzeptieren, die es zur Herstellung von FurNEARture braucht und sich gleichzeitig von massenproduzierter Fast-Furniture-Ware abzuwenden. Zudem sollte unser Bewusstsein dahingehend geschärft werden, dass hochwertige Möbel auch emotional einen höheren Wert haben: Der Sekretär, an dem bereits der Großvater gelernt hat, die alte Vitrine, in der das feine Porzellan steht – all das sind Erinnerungen, die uns im Idealfall ein Leben lang begleiten und die es zu bewahren gilt.