Helene Kilb (Textkonfekt)
Wer jetzt plant, ein eigenes Zuhause zu bauen oder von Grund auf zu verändern, darf sich auf spannende Neuheiten und Inspirationen freuen. Das sind die Bau- und Wohntrends für das Jahr 2021.
Lust auf Land
Das Coronajahr hat den Wunsch nach mehr Platz und grüner Umgebung verstärkt. Abgezeichnet hat sich diese Entwicklung bereits während des Lockdowns im Frühjahr und Winter 2020, als der sogenannte Cottagecore-Trend – auf Deutsch etwa mit „Landhaus extrem“ zu übersetzen – die sozialen Medien eroberte. Das Lebensgefühl, das so viele Menschen begeisterte, ist vor allem geprägt von einer umfassenden Sehnsucht nach einem idealisierten Landleben – ein eigenes Häuschen im Cottagestil inklusive. Auch die Deutsche Fertighaus Holding (DFH), nach eigenen Angaben das größte Fertighausunternehmen Deutschlands, identifiziert diese neue Landlust als einen der großen Trends für 2021: „Durch die Lockdown-Phasen und die mittlerweile erweiterten Home-Office-Möglichkeiten hat das klassische Haus mit viel Platz und Garten wieder einen neuen Stellenwert erreicht“, sagt Néné Antunes, Leiter der Architektur-Abteilung der DFH.
Clevere Wohnräume
Um trotz steigender Grundstücks-, Bau- und Mietpreise ein angenehmes Wohnen zu ermöglichen, sind multifunktionale Räume die Lösung. Diese passen sich den aktuellen Herausforderungen ihrer Bewohner an, indem einzelne Wohnbereiche auf verschiedene Weise genutzt werden können. „Clevere Grundrisse sind gefragter denn je“, bestätigt DFH-Architekt Antunes. „Gerade in der heutigen Zeit, in der sich Lebenssituationen immer schneller wandeln, muss das Zuhause diese Veränderungen mittragen können.“
Der Klassiker ist ein offenes Erdgeschoss, bei dem Küche, Ess- und Wohnzimmer und bei Bedarf ein Arbeitszimmer ineinander übergehen. Im oberen Stockwerk sind offene Bereiche denkbar, die etwa als Lese- oder Spielecke genutzt werden oder einen Haushaltsschrank für Staubsauger, Bügelbrett und Co. beherbergen. Die einzelnen Wohnbereiche lassen sich immer wieder neu anordnen, umfunktionieren und voneinander abtrennen. Wo jeder Quadratmeter zählt, eignet sich eine optische Trennung gut durch verschiedene Bodenbeläge. Bei größeren Räumen funktioniert eine Raumteilung mithilfe von halbhohen Möbeln, hochgewachsenen Zimmerpflanzen, einem stilvollen Paravent, leichten Schiebevorhängen oder deckenhohen Regalen.
Fertighäuser auf dem Vormarsch
Auch Anbieter von Fertighäusern greifen den Trend zum offenen Grundriss mit flexiblen Teilungsmöglichkeiten wie Trennwänden oder Schiebetüren auf. Diese Flexibilität ist ein Grund dafür, dass sich immer mehr Menschen in Deutschland dafür entscheiden, das Eigenheim in Fertigbauweise zu realisieren – also ihr Haus aus bereits vorgefertigten Wand-, Decken- und Dachelementen bauen zu lassen. So war im Jahr 2021 bereits jedes fünfte neu genehmigte Ein- und Zweifamilienhaus ein Fertighaus. Für 2021 erwartet der Bundesverband Deutscher Fertigbau einen weiteren Anstieg, sodass bald jedes vierte geplante Eigenheim ein Fertighaus sein könnte. Gerade im Verhältnis zu anderen Bauweisen braucht ein Fertighaus nur eine relativ kurze Bauzeit und hat oft einen im Voraus gut abschätzbaren Endpreis. Auch der Wunsch vieler zukünftiger Hausbesitzer nach mehr Nachhaltigkeit durch energieeffizientes Bauen spielt hier sicherlich eine Rolle.
Multifunktionale Möbel
Ein Trend, der uns durch das Jahr 2021 und sicher noch länger begleiten wird, sind multifunktionale Möbel, wie sie bereits Anfang 2020 auf der Möbelmesse imm cologne vorgestellt wurden. Das beginnt mit clever integriertem Stauraum unter Betten, Sofas oder hinter der Badewannenverkleidung. Als Trennwand genutzte Schrankwände bieten Privatsphäre und gleichermaßen Platz für die persönlichen Habseligkeiten. Auch ausklappbare Tische, Bügelbretter, Arbeitsplatten oder Schreibtische extra für den Balkon zählen mittlerweile zum Repertoire verschiedener Möbelhersteller.
Neues Bewusstsein für alte Böden
Ein Augenmerk liegt im Jahr 2021 auch auf einem bisher eher vernachlässigten Teil des Wohnraums: dem Boden. Davon profitieren insbesondere historische Bodenbeläge in alten Häusern. „In den 50er und 60er Jahren wurde die Baukunst des 19. Jahrhunderts nicht wertgeschätzt“, erklärt die Hannoveraner Diplom-Restauratorin Larissa Piepo. „Mittlerweile schauen die Leute genauer hin, was sich unter dem PVC oder den Fliesen verbirgt.“ Besonders gefragt ist jetzt Terrazzo: „Immer mehr Menschen lassen etwa im Bad die Fliesen entfernen, um den Terrazzo wieder freizulegen“, sagt Piepo. Die steigende Beliebtheit hängt auch damit zusammen, dass man die Arbeit, die dahintersteckt, heutzutage ganz anders zu würdigen weiß. Früher, wo Arbeitskraft an sich schlecht entlohnt wurde, galt der Terrazzoboden aufgrund seines vergleichsweise günstigen Materialwerts als nichts Besonderes. Gleichzeitig überdauerten die Böden – etwa in Treppenhäusern, Bädern oder Fluren – viele Jahrzehnte, ohne Schaden zu nehmen. Heutzutage gibt es nur noch wenige Menschen, die das Knowhow und die nötige Ausdauer für die vielen Arbeitsschritte mitbringen, was das Neuverlegen von Terrazzo entsprechend in eine kostenintensive Angelegenheit verwandelt.
Der Bodenbelag besteht aus Bindemittel und einer Vielzahl von Steinen in verschiedenen Größen, oft ergänzen ihn auch Mosaik-Bordüren und Ornamente. Das Tolle: Terrazzo ist extrem pflegeleicht, beständig und zeitlos – zudem lässt er sich sehr gut an individuelle Wünsche anpassen. Die Farbpalette der in das Bindemittel integrierten Steine reicht von Weiß und Beige über ein gelbliches oder rötliches Grau bis hin zu Rose, Rot und Schwarz. Auf Wunsch lassen sich mit Glasgranulat noch außergewöhnlichere Farbergebnisse erzielen, etwa tiefblaue oder pinkfarbene Einschlüsse. Diese eignen sich aber eher für Wohn- und Deko-Objekte wie Vasen, Tische oder Arbeitsplatten. Wenn es um Bodenbeläge geht, rät Piepo zu natürlichen Farben, mit denen man nahezu alle Einrichtungsgegenstände kombinieren kann.
Jetzt zieht Japandi ein
Schaut man sich auf Pinterest um, bleibt einem ein Interiortrend nicht verborgen: Japandi, eine harmonische Verschmelzung aus dem beliebten Scandi-Stil und der japanischen Wabi-Sabi- Philosophie, die das Unvollkommene feiert. Der Stil setzt auf funktionale, minimalistische Einrichtungsgegenstände, die für eine aufgeräumte Optik in den eigenen vier Wänden sorgen. Möbel mit naturbelassenen Holzoberflächen treffen auf geflochtene Körbe, zarte Papierlampen und Textilien aus Leinen und Jute. Typisch ist auch Steingut-Geschirr, das ein bisschen aussieht wie selbstgetöpfert und damit das perfekt Unperfekte alltagstauglich macht.